Der Abstieg beginnt in einem kleinen Glasbau vor der zentralen Halle des Las Vegas Convention Centers und endet zwölf Meter tiefer in einer Art unterirdischem Busbahnhof – etwas kleiner als bei Greyhound & Co, dafür mit cooler Musik und psychedelischer Beleuchtung. Er ist das Herzstück dieser vermeintlichen Innovation für den öffentlichen Personentransport. Denn weil der Verkehr oben schon an normalen Tagen stockt und zu Messezeiten gerne zum Erliegen kommt, hat Elon Musks Boring Company einen Tunnel gegraben, in dem seit einem guten Jahr eine Armada von Teslas flott und flüssig das Shutteln übernehmen – noch allerdings nur auf knapp drei Kilometern zwischen drei Haltestellen. Und schon dafür wurden angeblich über 50 Millionen Dollar ausgegeben.
Irgendwann mal auf rund 50 Kilometer unter der ganzen Stadt und natürlich im besten Falle autonom, sollen dann für die Fahrt vom Messezentrum zum Strip nur fünf Minuten vergehen statt heute schnell mal eine halbe Stunde und auch der Flughafen ist dann plötzlich nur noch einen Katzensprung entfernt. Ein Schelm, wer dabei an die Rede des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und sein Werben für den Transrapid zum Flughafen im Erdinger Moos denkt. Wie der CSU-Politiker hat natürlich auch Musk größeres Sinn, als ein wachsendes Tunnel-Netz unter der Spieler Metropole. Denn die gleichen Tunnel wie in Las Vegas – knapp vier Meter breit, knapp vier Meter hoch, von einem selbst entwickelten Bohrer im Rekordtempo von einer Meile pro Woche ins Erdreich gefräst und gegen die Langeweile psychedelisch beleuchtet, sollen künftig auch dem Hyperloop eine Heimat bieten. In dem werden dann neue Vehikel wie eine gigantische Rohrpost mit aberwitzigen Geschwindigkeiten von bis zu 1.250 km/h durchs halbe Land geschossen und Kurzstreckenflügen damit weitgehend überflüssig. Dann geht es nicht mehr um die paar Minuten von der Messe zum Harry Reid International Airport am Ende des Strips. Dann spuckt einen die Röhre nach weniger als einer halben Stunde gleich in Los Angeles aus; eine Strecke, für die man im Flieger brutto schnell mal zwei Stunden braucht und die mit dem Auto in kaum weniger als fünf Stunden zu schaffen ist.
All das geht einem durch den Kopf, wenn man im Tiefparterre der Spielermetropole von der Rolltreppe kommt und von neongekleideten Helfern in einen Tesla gesteckt wird. Denn in der Theorie klingt das alles spektakulär und lässt den Puls steigen. In der Praxis dagegen ist der Abstieg ins Souterrain des öffentlichen Nahverkehrs eher gewöhnlich. Denn auf dem zentralen Parkplatz rollen keine futuristischen Robocabs ein, sondern eines von knapp 100 Tesla Model X, die während der Elektronik Messe CES die ebenso überlastete wie überteuerte Monorail über der Erde ergänzen und den Gästen den Fußweg zur neuen Westhall ersparen wollen. Und am Steuer sitzen keine Computer, sondern Menschen aus Fleisch und Blut.
Die Fahrt selbst dauert dann bei rund 50 km/h aber keine drei Minuten und es gelingt in dieser Zeit kaum, dem Fahrer mehr als seinen Namen aus der Nase zu ziehen. Und natürlich die Versicherung, dass hier alles „safe“ ist und es noch nicht einmal einen Rempler auf dem Parkplatz gab bislang, geschweige denn einen Crash im Tunnel. Vor allem aber ist die Zeit zu knapp, die Zweifel am Sinn dieses System zu zerstreuen, weil der Vegas Loop aktuell nichts anderes ist als eine U-Bahn mit besonders kleinen Wagen, engem Takt und bequemen Sitzen. Und weil Fußgänger je nach Wetter zwar nass werden oder schwitzen, es aber zumindest auf dem Teststück zwischen den Messehallen genauso schnell von A nach B schaffen wie die Teslas.
Doch zumindest Elon Musk sollte sich mal wieder in eines seiner Autos setzen und durch den Loop chauffieren lassen, wenn ihn der Blick auf seine Aktienkurse und seinen Kontoauszug sonst die Laune verhagelt. Denn dabei könnte er eine Lektion lernen, die ihm auch im Business Hoffnung spenden würde: Am Ende des Tunnels ist Licht – und es geht wieder bergauf.
Fotos: Benjamin Bessinger
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