Immer wieder muss nach Unfällen der sogenannte Anscheinsbeweis angewendet werden. Der Anscheinsbeweis baut auf typischen Geschehensabläufen auf. Dazu gehört beispielsweise, dass meist der Auffahrenden bei einem Auffahrunfall schuld ist.
Es können aber andere Umstände hinzugekommen, die an dem Geschehensablauf zweifeln lassen oder aber der Gegenbeweis geführt werden kann. Gelingt es einem Motorradfahrer beim Unfall auf der Autobahn nicht nachzuweisen, dass der vor ihm fahrende Pkw die Spur gewechselt hatte, haftet er für den Unfall allein. Es kommt auch keine Mithaftung wegen Betriebsgefahr in Betracht.
Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 9. Februar 2022 (AZ: 10 U 1962/21).
Der klagende Motorradfahrer verlangte Schadensersatz und Schmerzensgeld. Er war auf ein Auto in der linken Spur auf der Autobahn auf.gefahren Wie es dazu kam, insbesondere wann und wie ein Spurwechsel des Auto stattfand, war umstritten.
Der Anscheinsbeweis gilt nicht nur an einer Ampel, sondern auch beim Auffahrunfall auf der Autobahn. Demnach hätte der Motorradfahrer den Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs nachweisen müssen. Dies gelang ihm jedoch nicht. Die Klage des Motorradfahrers scheiterte. Er habe nicht nachweisen können, dass das Auto vor dem Auffahrunfall von der mittleren auf die linke Spur wechselte.
Im Gegenteil: Den Beklagten war es möglich nachzuweisen, dass sie so lange in der gleich gerichteten Verkehrsspur vorausgefahren sind, dass der Motorradfahrer den nötigen Sicherheitsabstand hätte einhalten können. Dem Motorradfahrer war es also nicht gelungen, den gegen ihn sprechenden Anscheinsbeweis zu erschüttern. „Zweifel gehen zulasten des Klägers“, so das Gericht
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