In solchen Fällen haftet man bei einem Unfall zur Hälfte mit. Die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landgerichts Lübeck vom 6. Oktober 2022 (AZ: 14 S 13/22).
Linienbus überholt links abbiegendes Auto – wer zahlt?
Ein Auto hielt hinter einem parkenden Lastwagen an. Dahinter näherte sich ein Linienbus. Als kein Gegenverkehr kam, setzte der Bus zum Überholen von Auto und Lastwagen an. Als der Bus auf der Höhe des stehenden Autos war, zog es nach links, um einen Kundenparkplatz zu erreichen. Bei der Kollision wurden beide Fahrzeuge beschädigt. Das Amtsgericht hatte mehrere Zeugen vernommen, konnte aber nicht feststellen, ob die Fahrerin des Autos vor dem Zusammenstoß nach links (so die Autofahrerin) oder nach rechts (so der Busfahrer) geblinkt hatte. Also mussten beide Seiten den Schaden jeweils zur Hälfte tragen. Diese Entscheidung bestätigte das Landgericht.
50:50 bei Überholen bei unklarer Verkehrslage
Die Autofahrerin hatte gegen ihre Pflichten beim Abbiegen verstoßen – vor allem gegen die Pflicht zur Rückschau beim Linksabbiegen. Daher haftete sie ebenfalls. Der Busfahrer wiederum hätte nicht einfach überholen dürfen. Es gab eine unklare Verkehrslage. Diese liegt dann vor, wenn mit einem ungefährdeten Überholen nicht gerechnet werden darf. Dies sei auch dann der Fall, wenn sich nicht sicher beurteilen lässt, wie sich Vorausfahrende verhalten werden. So hätte sie sowohl hinter dem parkenden Lastwagen für längere Zeit halten können oder auch den vorhandenen Gegenverkehr abwarten können, um dann links an dem parkenden Lastwagen vorbeizufahren. Letztere Möglichkeit war sogar in besonderem Maße naheliegend, da die Fahrerin eher mittig hinter dem Laster gehalten und sich damit gerade nicht wie beim Parken oder Halten rechts entlang des Bordsteins eingeordnet hatte.
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