Meine Geschichte – Saskia Blunck:

Ob Titelkampf oder Kellerduell in der LIQUI MOLY HBL, ob Spitzenspiel oder Abstiegsthriller in der Handball Bundesliga Frauen, ob ein Nachbarschaftsderby in der 3. Liga oder die Finalrunde der Deutschen Jugend-Meisterschaft: Seit 2020 können die Schiedsrichter*innen des Deutschen Handballbundes (DHB) bei ihren Einsätzen auf die Unterstützung der KÜS bauen. Jede*r von ihnen investiert viel Zeit und Herzblut in die große Leidenschaft. Doch warum sind sie Schiedsrichter*in geworden? Welchen Weg sind sie gegangen? Und was hat ihre Karriere geprägt? Eine der knapp 300 Unparteiischen des Deutschen Handballbundes ist Saskia Blunck, die mit Svenja Maczeyzik dem Bundesligakader angehört. Das hier ist ihre Geschichte.

Schiedsrichterin Saskia Blunck

Wenn man gemeinsam mit Saskia Blunck auf ihre Schiedsrichter-Karriere zurückblickt, fällt immer wieder ein Wort: Zufall. 

Zufall war es, dass ihre Schiedsrichterausbildung mit der Gründung des Förderkaders im Kreishandballverband Neumünster zusammenfiel („Ohne das Engagement und die damalige Unterstützung würde ich heute vermutlich nicht mehr pfeifen.“). 

Zufall war es, dass es sie und ihre damalige Gespannpartnerin parallel berufsbedingt aus Norddeutschland ins Rheinland verschlug („Das war cool, so konnten wir weiter zusammen pfeifen.“). 

Die SR Saskia Blunck und Svenja Maczeyzik

Und Zufall war es, dass Blunck nach ihrer Rückkehr in den Norden auf Anhieb eine neue Gespannpartnerin fand, mit der es passte und die, wie der Zufall es wollte, sogar aus ihrem damaligen Verein Bramstedter TS kam („Wir kannten uns aufgrund des Altersunterschieds aber nicht.“). 

Kein Zufall war hingegen der erfolgreiche Weg, den Saskia Blunck gemeinsam mit der fünfeinhalb Jahre jüngeren Svenja Maczeyzik seitdem zurückgelegt hat. Im Juni 2016 absolvierten sie das erste gemeinsame Spiel, anschließend arbeiteten sie sich über den Nachwuchskader bis in den Bundesligakader hoch. 

„Als wir angefangen haben, zusammen zu pfeifen, war die 1. und 2. Bundesliga überhaupt nicht in unserem Kopf“, erinnert sich Blunck. Beide brachten bereits Drittliga-Erfahrung mit, sodass sie auch gemeinsam in dieser Liga starteten. „Wir haben damals alles gepfiffen, was wir bekommen konnten, um uns als Gespann schnellstmöglich aufeinander einzustellen“, sagt Blunck. „Es war uns relativ schnell klar, dass wir als Gespann auf und neben dem Platz harmonieren, aber an einen Aufstieg dachten wir zu dieser Zeit noch nicht. Unser Ziel war es, uns in der 3. Liga ein Standing zu erarbeiten und dann dort erfolgreich zu pfeifen.“ 

Doch es kam anders: Am Ende der zweiten gemeinsamen Spielzeit stieg das Duo 2018 in den Nachwuchskader auf. Es war – auch gedanklich – ein Wendepunkt für Blunck/Maczeyzik: „Vorher haben wir das Pfeifen natürlich bereits intensiv betrieben, aber es war noch nicht ein so großer Bestandteil unseres Lebens wie es jetzt der Fall ist“, sagt Blunck offen. 

Kurz vor dem Aufstieg in den Nachwuchskader erhielten sie eine Nominierung für das Final Four um die Deutsche Meisterschaft der weiblichen B-Jugend. „Das war für uns ein großes Highlight“, sagt Blunck, die ihre Schiedsrichterausbildung 2004 absolviert hatte. „Auch, wenn es merkwürdig klingen mag: Man hatte uns danach auf einmal auf dem Schirm.“ 

In der Folge konnte sich das Duo mit seiner Leistung etablieren. Am Ende der Saison 2018/19 gaben Blunck/Maczeyzik in Buxtehude ihr Debüt in der 1. Handball Bundesliga Frauen, 2020/21 gelang der Aufstieg in den Bundesligakader, wo beide seitdem pfeifen. Die erneute Nominierung für das Final Four der weiblichen B-Jugend im Jahr 2021 war eine Anerkennung der Leistung. Nach dem Halbfinale drei Jahre zuvor erfolgte dieses Mal sogar die Ansetzung für das Finale. 

Die Krönung ihrer ersten Saison im Bundesliga-Kader war jedoch der letzte Spieltag: Am 26. Juni 2021 leitete das Gespann sein erstes Spiel in der 2. Bundesliga der Männer, TSV Bayer Dormagen gegen den HC Elbflorenz. Es war ein Meilenstein. „Lange wurde das Konzept eines ‚Frauenkaders’ verfolgt, in welchem die Bundesligaspiele der Frauen von Frauen gepfiffen werden sollten“, beschreibt Blunck. „Das hatte zur Folge, dass wir über einen langen Zeitraum ausschließlich in der Frauen-Bundesliga angesetzt wurden. Daher war das erste Spiel in der 2. Bundesliga Männer der letzte Schritt, um vollständig im Bundesligakader anzukommen und natürlich etwas ganz Besonderes.“

Blunck begrüßt den Umschwung, der in den letzten Jahren stattgefunden hat. Unter der neuen Schiedsrichter-Chefin wird kein Unterschied zwischen männlichen oder weiblichen Gespannen gemacht; alle Gespanne eines Kaders stehen nun in Konkurrenz miteinander. „Ich finde das gut“, sagt Blunck, deren Zwillingsschwester in der Oberliga pfeift. „Die Zweigleisigkeit ist aufgehoben, alle Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter müssen sich in den gleichen Spielen behaupten und die besten Gespanne setzen sich durch. Das führt meiner Meinung nach auch zu einer höheren Akzeptanz bei Trainern und Mannschaften.“ 

Inzwischen pfeifen Blunck/Maczeyzik daher ebenso wie ihre männlichen Kollegen regelmäßig in der 2. Bundesliga der Männer. „Die Akzeptanz wächst, es ist inzwischen viel normaler geworden, dass Frauen bei den Männern pfeifen“, beschreibt Blunck. „In unseren ersten Zweitligaspielen haben wir schon beim Warmlaufen gemerkt, dass wir ein Thema waren. Viele Spieler wissen heute nicht, ob wir bereits ein Spiel von ihnen geleitet haben oder nicht. Das bewerten wir als positiv, denn dann fallen wir nicht auf.“ 

Die stetig neuen Herausforderungen in den vergangenen sieben Jahren forderten den beiden Schiedsrichterinnen viel ab. Dass der Aufstieg im Pfeifen parallel zu ihrer beruflichen Selbstständigkeit erfolgte, hängt für Blunck eng zusammen. „Das hat sich unfassbar gut ergänzt, gerade in der Persönlichkeitsentwicklung“, sagt sie. „Ich konnte aus beiden Feldern viel für das andere mitnehmen.“ 

Seit Herbst 2016 ist die gelernte Veranstaltungskauffrau als selbstständige Eventmanagerin tätig. Ihre Begeisterung für den Job entdeckte sie bereits früh. „Ich war schon während der Schulzeit beeindruckt von großen Sportveranstaltungen wie den Olympischen Spielen und habe mich immer gefragt, was alles dahintersteckt“, beschreibt sie.

Kurz nach dem Finalwochenende der Handball-WM 2007, wo Blunck den WM-Sieg der deutschen Nationalmannschaft miterlebte, begann sie ihre Ausbildung in Lübeck. Beruflich hat sie seit ihrer Lehrzeit mit Sportevents allerdings nichts zu tun. „Inzwischen genieße ich es auch, dass es eine klare Trennlinie zwischen Beruf und Sport gibt“, sagt die 35-Jährige. 

Nach mehreren Jahren in der Musikbranche spezialisierte sie sich in ihrem Betriebswirtschaftsstudium mit dem Schwerpunkt Event auf das Tagungs- und Kongressmanagement. „Das klingt erst einmal furchtbar langweilig, aber es ist wegen der langen Planungszeiten auch mit dem Pfeifen perfekt vereinbar“, beschreibt Blunck. „In der Musikbranche hast du auch mal fünf Konzerte in zehn Tagen – das war weder mit dem Pfeifen noch mit dem Privatleben gut zu vereinen.“  

Dass sie sich bereits 2016 selbstständig machte, war eigentlich nicht geplant: „Ich war damals gerade erst neu, als bei meinem Arbeitgeber eine überraschende Umstrukturierung stattfand. Der Kunde und die Agentur wollten jedoch gerne mit mir weiterarbeiten.“ Mit der Unterstützung von Familie und Freunden im Rücken wagte Blunck daher den Schritt in die Selbstständigkeit – und hat es nie bereut. „Bis heute musste ich nie darüber nachdenken, welches Projekt sich anschließt und ich kann behaupten, dass ich meinen Job wirklich gern mache“, freut sich die 35-Jährige. „Für einen reibungslosen Veranstaltungsablauf zu sorgen, ist meine Aufgabe, dabei wissen nicht alle, welcher Aufwand hinter solchen Events steckt.“
 

Die Begleitung des Events selbst ist nur ein kleiner Teil von Blunck Aufgabenfeld. „Ich sitze viel am Schreibtisch und erarbeite Projektpläne, besichtige Locations und stimme mich in Meetings mit allen Gewerken und Beteiligten ab“, beschreibt sie. Dass sie sich Arbeitszeit und Arbeitsort in der Regel selbstständig einteilen kann, genießt sie: „So bin ich in der Schnittstelle zum Pfeifen total flexibel. Solange alles läuft, kann ich mittwochs zum Pfeifen losfahren und arbeite dann eben am Wochenende.“ Dass die vergangenen sechseinhalb Jahre auf ihren beiden Spielfeldern so erfolgreich verliefen, ist für Blunck daher kein Zufall: „Seitdem ich in den Norden zurückgekommen bin, passt alles zusammen  – das Privatleben, der Job und eben auch das Pfeifen.“ 

Steckbrief Saskia Blunck 

Alter: 35
Beruf: Selbstständige Eventmanagerin

Familienstand: vergeben
Schiedsrichter seit: 2004
Gespannpartnerin: Svenja Maczeyzik

Kader: Bundesligakader 

Karriere-Highlight: Nominierung für das Final Four der weiblichen B-Jugend 2018, Debüt in der 1. Frauen-Bundesliga 2019, Debüt in der 2. Männer-Bundesliga 2021, Finale der Deutschen Meisterschaft in der weiblichen B-Jugend 2021

Ein Traum, der in der Schiedsrichterkarriere (noch) offen ist: Wir wollen uns immer weiterentwickeln und Spaß haben – und rein sportlich geht der Blick natürlich immer nach oben. 

Fotocredit: Felix Schlikis, privat

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