Ob Titelkampf oder Kellerduell in der LIQUI MOLY HBL, ob Spitzenspiel oder Abstiegsthriller in der Handball Bundesliga Frauen, ob ein Nachbarschaftsderby in der 3. Liga oder die Finalrunde der Deutschen Jugend-Meisterschaft: Seit 2020 können die Schiedsrichter*innen des Deutschen Handballbundes (DHB) bei ihren Einsätzen auf die Unterstützung der KÜS bauen. Jede*r von ihnen hat in seiner Karriere bereits zahlreiche Spiele geleitet, doch jeder der knapp 300 Unparteiischen des Deutschen Handballbundes hat den einen Einsatz, den er oder sie nie vergessen wird. Dies ist die Geschichte vom besonderen Spiel von Jesper Stumpfe, der gemeinsam mit Gespannpartner Bjarne Deiters in der Halle dem Perspektivkader angehört – und im Beachhandball für den Weltverband IHF pfeift.
2017 standen Jesper Stumpfe und sein Gespannpartner Bjarne Deiters am Jarun Lake in Zagreb, die damals 18-Jährigen hatten gerade ihre erste Europameisterschaft gepfiffen. „So eine IHF-Nominierung wäre schon ein Traum für die Zukunft“, sagten sie im Interview. Das Duo musste länger warten als erhofft, aber sieben Jahre später – nach insgesamt vier Europameisterschaften bei den Erwachsenen sowie einem EM-Finale in der männlichen U18 – wurde aus diesem Wunsch endlich Wirklichkeit: Der Weltverband IHF nominierte das Schiedsrichter-Team Deiters/Stumpfe für die Beachhandball-Weltmeisterschaften 2024.
Am 18. Juni 2024 stehen Stumpfe und sein Freund Deiters 13.000 Kilometer östlich von Zagreb auf der chinesischen Halbinsel Pingtan Island. Ihre erste Ansetzung bei der Weltmeisterschaft hat es direkt in sich: Das europäische Topteam Spanien gegen den südamerikanischen Titelfavoriten und mehrfachen Weltmeister Brasilien. „Wir waren schon sehr nervös“, blickt Stumpfe zurück – zumal es eine besondere Vorgeschichte gab, denn dem brasilianischen Trainer waren sie schon einmal begegnet. Wie heißt es so schön: Man sieht sich immer zweimal im Leben…
Bei ihrer europäischen Premiere, ein Jahr vor der Europameisterschaft in Zagreb, pfiffen Deiters/Stumpfe beim Finalturnier der European Beachhandball Tour (EBT) in Griechenland. Die Hellenen hatten als Ausrichter eine Wildcard erhalten und ihr Vereinsteam kurzerhand mit zahlreichen brasilianischen Nationalspielern sowie Coach Antonio Guerra Peixeverstärkt.
„Wir haben das Spiel nicht zur Zufriedenheit des Trainers geleitet“, erinnert sich Stumpfe mit einem Schmunzeln. „Er hat sich aufgeregt, was mich damals dazu verleitet hat, ihm eine direkte rote Karte wegen Meckerns zu geben.“ Es war ein Einstand, den weder die jungen deutschen Schiedsrichter noch der erfahrene brasilianische Coach vergessen sollten.
„Diesen Trainer bei unserer ersten Weltmeisterschaft ausgerechnet beim ersten Spiel wiederzusehen, hat schon für eine gewisse Anspannung gesorgt, weil ich nicht sicher war, wie das Aufeinandertreffen läuft“, gibt Stumpfe zu. Die Südamerikaner nahmen es locker: „Vor dem Spiel kamen sie sofort auf uns zu und haben uns mit Gesten eine rote Karte gezeigt“, lacht Stumpfe. „Wir haben kurz miteinander gesprochen und es war alles gut.“
Im Vergleich zum damaligen Aufeinandertreffen sahen die Brasilianer – von Auftreten und Leistung her – ein ganz anderes Gespann. „Wir haben von beiden Mannschaften Anerkennung für die Leistung bekommen; sie haben uns gelobt, dass wir das Spiel sehr souverän gepfiffen hätten“, freut sich Stumpfe. „Das war ein guter Einstand in das Turnier, denn danach waren wir uns sicher: Wir können hier mithalten.“
Das sollte sich bewahrheiten: Insgesamt 14 Partien – einschließlich ihres WM-Debüts – leiteten Deiters/Stumpfe bei den sechstägigen Weltmeisterschaften in China. Darunter war auch das Halbfinale des späteren Weltmeisters Kroatien. „Sportlich war es ein sehr gelungenes Turnier und dann direkt bei der Premiere auch noch ein Halbfinale zu bekommen, war natürlich die Krönung“, freut sich Stumpfe. „Insofern war es vielleicht sogar positiv, dass wir lange auf diesen Einsatz hingearbeitet haben, da wir so in China von unseren Erfahrungen der vergangenen Jahre profitieren konnten.“
Wenn es nach Stumpfe geht, darf es gerne so weitergehen. „Das hat Lust auf mehr gemacht“, sagt er. „Wir würden uns sehr wünschen, weitere Erfahrungen auf dieser Ebene sammeln zu dürfen.“ Dass sie endlich das Logo des Weltverbandes tragen durften, macht die beiden Freunde, die in der Halle in der Jugendbundesliga zum Einsatz kommen, stolz: „Wir haben uns sehr gefreut und waren geehrt, dass wir uns auf der Weltbühne mit den besten Mannschaften der Welt präsentieren durften“, betont Stumpfe. „Das IHF-Logo tragen zu dürfen, ist ein Symbol der harten Arbeit, die wir in den letzten Jahren reingesteckt haben und der Entwicklung, die wir seit unserem ersten internationalen Spiel gemacht haben. Wir können uns nur bei allen bedanken, die uns auf diesem Weg unterstützt haben.“
Fotos: Jozo Cabraja/kolektiff | Julia Nikoleit | Marco Wolf | DHB
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